Wenn der Nachbar als erfahrener Elektriker die Montage einer Außenbeleuchtung und deren Verkabelung übernimmt, kann dieser nicht ohne weiteres davon ausgehen, alleine wegen der Unentgeltlichkeit der Gefälligkeit von der Haftung befreit zu sein.

Nach Urteil des OLG Koblenz (Az. 5 U 311/12) kann sich die Haftung auch auf Schäden Dritter erstrecken, die für den Helfer erkennbar mit der Lampe in Berührung kommen sollten. Ein Dritter stieß gegen das stromführende Gehäuse einer Außenlampe.

Der Sachverhalt

Der Mitarbeiter eines Fassadenunternehmens stieß bei der Durchführung der Arbeiten gegen das stromführende Gehäuse einer Außenlampe im Eingangsbereich des eingerüsteten Anwesens. Die Lampe war von einem Nachbarn unentgeltlich auf Bitte der im Haus wohnenden Vermieterin des Anwesens installiert worden.

Infolge des Stromschlags erlitt der zum Unfallzeitpunkt 46 Jahre alte Kläger einen hypoxischen Hirnschaden. Er ist zu 100 % behindert und umfassend pflegebedürftig. Mit seiner Klage nimmt er neben dem Auftraggeber der Fassadenarbeiten auch den Nachbarschaftshelfer auf Schmerzensgeld (mindestens 600.000 € und lebenslange monatliche Schmerzensgeldrente) und Schadenersatz in Anspruch.

Nach Klageabweisung in erster Instanz hat der 5. Zivilsenat  auf die Berufung des Klägers das landgerichtliche Urteil insoweit abgeändert, als es die Verpflichtung des Nachbarschaftshelfers zum Ersatz der geltend gemachten Zahlungsansprüche dem Grunde nach festgestellt hat. Zur Verhandlung über die Höhe der Ansprüche wurde die Sache an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (Az. 5 U 311/12)

Der Beklagte habe fahrlässig bei seinen Messungen nach der Montage der Lampe übersehen, dass die installierte Außenleuchte Strom führe, weil ein im Hausinneren eingeschlagener Nagel den Schutzleiter des Lampenkabels durchtrennt und eine stromführende Verbindung zum Lampengehäuse hergestellt habe.

Er hafte, trotzdem er um Hilfe gebeten worden sei und sich unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Die rechtliche Erheblichkeit der Gefälligkeit ergebe sich aus den Umständen des Einzelfalls, der gegenüber ihm vor der Inanspruchnahme geäußerten Wertschätzung als berufserfahrener Elektriker, vor allem aber aus der von einer - regelmäßig zu säubernden - Außenlampe bei fehlerhafter Elektroinstallation ausgehenden erheblichen Gefahr.

Auch dürfe nicht außer Betracht bleiben, ob der Leistende für die Folgen eines Fehlers haftpflichtversichert sei. Die um Hilfe bittende Leistungsempfängerin habe hiernach auf einen Rechtsbindungswillen des leistenden Nachbarn schließen dürfen, der zur Haftung führe.

Diese erfasse nicht nur das Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Leistungsempfängerin selbst sondern auch in den Schutzbereich einzubeziehende Dritte, hier den Kläger.  Zur Einbeziehung Dritter müssten im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der Gefälligkeit wegen der Vermehrung des Risikos für den Hilfe Leistenden grundsätzlich strenge Maßstäbe gelten. Sie seien im vorliegenden Fall aber erfüllt, da der Beklagte mit einer Einrüstung des Hauses für Fassaden- oder Dacharbeiten habe rechnen können. Für den Beklagten sei es auch erkennbar gewesen, dass die ihn um Hilfe bittende Vermieterin auf die Sicherheit aller Personen vertraute, die mit ihrem Wissen und Wollen mit der Lampe in Berührung kommen sollten.

Gericht:
Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom  02.04.2014 - 5 U 311/12

OLG Koblenz
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:

Versperrt ein Miteigentümer einem anderen den direkten Weg zur Mülltonnenanlage, kann darin noch kein Grund für eine einstweilige Verfügung gesehen werden, wenn der Zugang, wenn auch beschwerlicher, über einen anderen Weg möglich ist. Es ist zumutbar, den normalen Klageweg zu beschreiten. Urteil lesen

Ein schnarchender Nachbar rechtfertigt keine fristlose Kündigung des Mietvertrags, so das Urteil des Amtsgerichts Bonn (6 C 598/08). Die Klage der Mieter wurde abgewiesen. Urteil lesen

Bei der Beurteilung von Geräuscheinwirkungen die von Kinderspielplätzen ausgehen ist es unzulässig, Immissionsgrenz- und richtwerte heranzuziehen, da die Geräusche im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung darstellen. Kinderlärm sei hinzunehmen, so das Urteil des LG Braunschweig. Urteil lesen

Der Eigentümer einer Sache hat einen Anspruch auf Unterlassung von Beeinträchtigungen. Eine Beeinträchtigung liegt dabei auch dann vor, wenn die Substanz der Sache nicht geschädigt wird. Das Abladen von Müll auf einem Grundstück ist daher eine Eigentumsbeeinträchtigung. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de