Nach der Observation durch die Polizei erfolgte der Zugriff auf das Fahrzeug, in dem der Kläger und andere Personen unterwegs waren. Dabei löste sich ein unbeabsichtigter Schuss aus der Dienstwaffe eines Polizisten und verletzte den Kläger im Gesicht. Dieser begehrt nun Schmerzensgeld vom Land Sachsen-Anhalt.

Der Sachverhalt

Gegen den 29 jährigen Kläger bestand der Verdacht, dass er in der Nacht zum 15.03.2010 an einem Einbruch in einen Baumarkt beteiligt war. Der Kläger wurde in dieser Nacht durch Polizeibeamte observiert. Durch die Polizei wurde dann der sogenannte Zugriff auf einen Opel Astra angeordnet, in dem der Kläger und andere Personen unterwegs waren.

Die Durchführung der polizeilichen Maßnahme erfolgte durch Polizeibeamte des mobilen Einsatzkommandos (MEK). Im Verlauf des Zugriffs auf das Fahrzeug und die darin befindlichen Personen löste sich aus der Dienstwaffe eines Polizeibeamten ein Schuss, der den Kläger traf und erheblich verletzte. Der Beamte hat nicht vorsätzlich geschossen.

Das Land verteidigt sich damit, dass den Beamten kein Verschulden treffe. Er habe auch nicht fahrlässig gehandelt. Der Schuss habe sich unwillkürlich durch Muskelkontraktion aufgrund eines sogenannten "Reflexbogens" gelöst. Dem Kläger ist zunächst für seine Klage sowohl durch das Landgericht Magdeburg als auch das Oberlandesgericht Naumburg Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten verweigert worden.

Auf eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde des Klägers vor dem Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 13.09.2013 1 BvR 1419/13) hin hat das Landgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt, so dass die Klage nun verhandelt wird. Der 29 jährige Kläger begehrt im Wesentlichen Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000 € vom Land Sachsen-Anhalt.

Die Entscheidung des Landgerichts Magdeburg (Az. 10 O 939/11)

Die Parteien haben sich geeinigt und einen Vergleich geschlossen. Danach zahlt das Land 30.000 € Schmerzensgeld und bis zu rund 12.000 € Zahnbehandlungskosten gegen Nachweis von Rechnungen an den Kläger. Der Kläger verzichtet darauf, etwaige weitere Schäden, die noch in der Zukunft entstehen können, geltend zu machen. Die Verfahrenskosten trägt ebenfalls das Land.

Durch den Schuss, der sich aus der Waffe des Polizisten unabsichtlich gelöst hatte, ist der Kläger vor allem im Kieferbereich schwer verletzt worden. Zur Rekonstruktion des Kiefers und der Zähne sind aufwendige Zahnbehandlungen mit Kieferaufbau und Implantationen notwendig. Die Einigung ist noch nicht rechtskräftig. Das Land Sachsen-Anhalt kann der Vergleich binnen 3 Wochen widerrufen. Sollte der Vergleich widerrufen werden, beginnt der Prozess erneut vor dem Landgericht.

Gericht:
Landgericht Magdeburg, Az. 10 O 939/11

LG Magdeburg, PM Nr. 18/2014
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