Eine Klagezustellung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Klageschrift ohne die in Bezug genommenen Anlagen zugestellt wird. Die nach § 131 Abs. 1 ZPO geforderte Beifügung von Urkunden, auf die in der Klageschrift genommen wird, ist nicht konstitutiv für die Wirksamkeit der Zustellung.

Die Klägerin übersandte per Telefax am 27.10.2011 die Klageschrift vom selben Tag an das Landgericht Duisburg, bei dem es am selben Tag auch einging. Die Telefaxübersendung beschränkte sich auf die Klageschrift, Abschriften hiervon wurden ebensowenig übersandt wie die in der Klageschrift in Bezug genommenen Anlagen.

Dass die am selben Tag nochmals auf dem Postweg übersandte Klageschrift mitsamt den Anlagen und den Abschriften für die Beklagte erst am 06.11.2011, also nach Ablauf der Verjährungsfrist beim Landgericht einging, ist unschädlich, da durch die Klageeinreichung per Telefax am 27.10.2011 - mithin vor Verjährungsende - unter Berücksichtigung einer hiernach erfolgten demnächstigen Zustellung der Klageschrift an die Beklagte die Voraussetzung einer wirksamen Klageerhebung im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, durch die einer Hemmung des Verjährungsfristlaufes eingetreten ist, erfüllt wurde.

Klageerhebung per Telefax

Dass die Klageerhebung per Telefax erfolgt ist, steht ihrer Wirksamkeit nicht entgegen. Entgegen den von der Beklagten erstinstanzlich erhobenen Bedenken ist die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze und damit auch die Erhebung der Klage per Telefax rechtlich zulässig und wirksam. Dies entspricht einhelliger Auffassung in allen Gerichtszweigen (vgl. GMS-OGB, Beschluss vom 05.04.2000,- GMBS-OGB 1/98, NJW 2000, 2340 m.w.N.).

Die gesetzlich erforderliche Schriftform, zu der grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift durch den - bei Prozessen mit Anwaltszwang - postulationsfähigen Rechtsanwalt gehört, wird bei der Übermittlung per Telefax nicht durch den Umstand gehindert, dass aus technischen Gründen die von dem Absender im Wege der elektronischen Nachrichtenübermittlung am Absendeort veranlasste maschinenschriftliche Niederlegung am Empfängerort nicht die eigenhändige Unterschrift des Urhebers enthält  (vgl. GmS-OGB, a.a.O.). Gemäß § 130 Nr. 6 HS 3 ZPO muss jedoch die Unterschrift der den Schriftsatz verantwortenden Person in der (auf dem Empfängergerät des Gerichts) eingehenden Telekopie wiedergegeben werden. Ausreichend ist mithin, dass das (in das Telefaxgerät der Ausgangsstelle der Übermittlung eingelegte) Original  unterzeichnet ist (vgl. eingehend Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl. 2011, Rz. 18a zu § 130; Foerste in Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 253 Rz. 13).

Klageschrift nur in einfacher Ausführung

Auch der Umstand, dass die Klageschrift bei ihrer Übermittlung an das Landgericht per Telefax nur in einfacher Ausführung eingegangen ist, also die Abschriften für den Gegner, die grundsätzlich nach § 133 ZPO bei der Einreichung von Schriftsätzen beizufügen sind, fehlten, ist für die Frage der rechtzeitigen Zustellung der Klage ohne Belang. Sind der eingereichten Klage entgegen der Sollvorschrift des § 133 Abs. 1 Satz 1 ZPO keine Abschriften beigefügt, hindert dies die sofortige Zustellung der Klage nicht (vgl. Wagner in Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, Rz. 5 zu § 133).

Zustellung der Klageschrift ohne die in Bezug genommenen Anlagen

Des Weiteren ist es für die wirksame Klageeinreichung mit Wirkung zum 27.10.2011 durch das Telefax mit diesem Datum ohne Auswirkung, dass bei der per Telefax übertragenen Klageschrift die dort in Bezug genommenen Anlagen nicht mitübermittelt wurden. Der BGH hat jüngst (Urteil vom 12.12.2012, VIII ZR 307/11 ziti. nach juris Rz. 28ff) in Abgrenzung zu einem obiter Diktum in dem Vorlagebeschluss des VII. Senats des BGH vom 21.12.2006 – VII ZR 164/05 – NJW 2007, 775 entschieden, dass eine Klagezustellung nicht deswegen unwirksam ist, weil die Klageschrift ohne die in Bezug genommenen Anlagen zugestellt wird. Zur Begründung des Prozessrechtsverhältnisses aufgrund einer bei Gericht eingereichten und nachfolgend dem Prozessgegner zugestellten Klageschrift bedarf es im Bezug auf den Inhalt der Klageschrift lediglich der sich aus § 253 Abs. 2 ZPO ergebenden notwendigen Bestandteile.

Notwenigen Bestandteile einer Klageschrift

Hierzu gehören die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, die Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs sowie ein bestimmter Antrag. Fehlt es an hinreichenden Angaben zu Gegenstand und Grund des Anspruchs oder an einem bestimmten Antrag ist nach allgemeiner Ansicht eine dennoch zugestellte Klage nach vorangegangenem Hinweis als unzulässig abzuweisen. Dies setzt nach zuzustimmender Auffassung des BGH in der angeführten Entscheidung (TZ 29) voraus, dass zwischen den Parteien und dem Gericht überhaupt ein Rechtsverhältnis entstanden ist, auch bei entsprechenden Mängeln hinsichtlich der Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 ZPO. Hinsichtlich der Anlagen, die nach § 131 Abs. 1 ZPO als Urkunden, auf die in einem Schriftsatz Bezug genommen wird, beizufügen sind, gilt grundsätzlich dasselbe. Die Beifügung dieser Anlagen ist jedoch nicht konstitutiv für die Wirksamkeit der Zustellung, was schon durch die in § 131 Abs. 3 enthaltenen Ausnahmeregelungen belegt wird (vgl. BGH, a.a.O., TZ 30; ebenso Wagner in Münchener Kommentar, a.a.O., § 131 Rn. 5, § 129 Rn. 4.)

Hemmungswirkung der Erhebung der Klage setzt die Wirksamkeit der Klageerhebung voraus

Voraussetzung für die Hemmungswirkung ist jedoch nicht die Zulässigkeit der Klage, sondern allein die Wirksamkeit der Klageerhebung (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.1988, III ZR 252/87, NJW-RR 1989, 508). Die wesentlichen Anforderungen des § 253 Abs. 1, 2 ZPO müssen gewahrt sein (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.1988, a.a.O.; Peters/Jacoby, Staudinger, BGB Neubearbeitung 2009, Rz. 28 zu § 204). Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehen keine durchgreifenden, der Wirksamkeit der Klageschrift, damit auch der hierdurch bewirkten Hemmung entgegenstehenden Bedenken.

Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2013 - I-21 U 140/12

Aus dem Urteil des OLG Düsseldorf
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