1. Den Urteilen liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Beklagte ist als Kommanditistin an zwei in der Rechtsform einer GmbH & Co KG organisierten Schiffsfonds-Beteiligungsgesellschaften der Dr. Peters Gruppe (im Folgenden "Klägerinnen"/"Gesellschaft") beteiligt. Gesellschaftszweck der Klägerinnen ist jeweils der Betrieb eines Containerschiffs.
In den Gesellschaftsverträgen der Klägerinnen ist übereinstimmend geregelt, dass die Gesellschaft unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust für den Fall, dass die Liquiditätslage es zulässt, Beträge in im Einzelnen angegebener Höhe eines prozentualen Anteils des Kommanditkapitals an die Gesellschafter ausschüttet, die auf "Darlehenskonto” gebucht werden. Sofern ein Gesellschafter im Hinblick auf das Wiederaufleben der Haftung auf diese Entnahmen verzichtete, sollte "für ihn insoweit die Bildung der Darlehensverbindlichkeit” entfallen.
An die Beklagte wurden Beträge in Höhe von 61.355,03 € und 30.667,51 € als gewinnunabhängige Ausschüttungen gezahlt. Gebucht wurden diese Beträge nicht als Darlehen ("Forderungen gegen Gesellschafter") sondern gegen das Eigenkapital der Gesellschaft ("Entnahmen der Kommanditisten" - vgl. Anlage). Nachdem die Gesellschaften in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, beschlossen die Gesellschafterversammlungen im Rahmen eines Restrukturierungskonzepts die Rückforderung der an die Kommanditisten auf der Grundlage dieser Satzungsregelung ausgezahlten Beträge.
Auf dieser Grundlage wurde die Beklagte von den Gesellschaften zur Rückzahlung der erhaltenen gewinnunabhängigen Ausschüttungen aufgefordert und schließlich auf Rückzahlung dieser Beträge verklagt. Prozessbevollmächtigte auf Seiten der Beklagten war Löffler. Rechtsanwälte, Erfurt.
Das Landgericht Dortmund und das Oberlandesgericht Hamm hatten den Klagen stattgegeben. Der BGH hat mit seinen Urteilen vom 12.03.2013 die Klagen abgewiesen.
2. Diese Entscheidung hat der BGH im Wesentlichen mit folgenden Argumenten begründet:
2.1 Trennung Außenverhältnis/Innenverhältnis
Wie auch von uns in den ersten beiden Instanzen des Verfahrens dargestellt, unterscheidet der BGH bei der GmbH & Co. KG klar zwischen dem Außenverhältnis und dem Innenverhältnis der Gesellschaft. Im Außenverhältnis entfällt die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft mit der Erfüllung seiner Einlagepflicht und lebt gemäß § 172 Abs. 4 HGB dann wieder auf, wenn die Einlage - z.B. durch gewinnunabhängige Ausschüttungen - wieder an den Kommanditisten zurückgewährt wird. Davon zu unterscheiden sei, so der BGH und auch unsere Darlegungen in beiden Instanzen, das Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Im Innenverhältnis könnten die Gesellschaft und Gesellschafter über die Einlage grundsätzlich frei verfügen; es gebe, so der BGH, keinen "Kapitalerhaltungsgrundsatz" im Innenverhältnis.
Daraus schlussfolgert der BGH, dass ein Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter (Kommanditisten) nur dann besteht, wenn ein solcher Rückforderungsanspruch im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Dies hatte das Oberlandesgericht Hamm noch anders gesehen: In seinem Urteil vom 09.03.2011 stellte das Oberlandesgericht Hamm darauf ab, dass ein Rückzahlungsanspruch dann ausscheidet, wenn die gesellschaftsvertraglichen Regelungen eine solche Erstattungspflicht ausdrücklich verneinen; es bezog sich für diese Rechtsansicht auf die Entscheidung des BGH vom 20.06.2005, II ZR 252/03, abgedruckt in NZG 2005,807.
2.2 Keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung über die Rückforderbarkeit gewinnunabhängiger Ausschüttungen
Der BGH nimmt dazu eine objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrages, insbesondere der hier relevanten Regelung des § 11 Ziffer 3, auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages vor: Dabei müssten konkrete Anhaltspunkte für eine Rückzahlungsforderung ersichtlich sein.
Anders als die Vorinstanzen kann der BGH der Regelung des § 11 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages aber keine Vereinbarung über die Rückforderbarkeit gewinnunabhängiger Ausschüttungen durch die Gesellschaft entnehmen.
§ 11 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages lautet wie folgt:
"Unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn oder Verlust schüttet die Gesellschaft für den Fall, dass die Liquiditätslage es zuläßt, ab 1995 einen Betrag in Höhe von voraussichtlich
[...]
des Kommanditkapitals p.a. an die Gesellschafter aus, der auf Darlehenskonto verbucht wird. Sofern ein Gesellschafter im Hinblick auf das Wiederaufleben der Haftung auf diese Entnahmen verzichtet, entfällt für ihn insoweit die Bildung der Darlehensverbindlichkeit."
Mit Blick auf § 4 Ziffer 7 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages ("Kapitalkonten für die Einlage sind Festkonten") hält der BGH die Aussage in § 11 Ziffer 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages, dass gewinnunabhängige Ausschüttungen auf "Darlehenskonto" verbucht werden, unter buchungstechnischen Gesichtspunkten für selbstverständlich. Im Zusammenspiel mit Satz 2 dieser Bestimmung könne man, so der BGH, zum für die Auslegung relevanten Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages auch zu der Auffassung gelangen, dass es sich bei den Darlehensverbindlichkeiten um negative Verbuchungen auf Darlehenskonto handelt, die in Wirklichkeit die Entwicklung der Einlagen wiedergeben sollen (Darstellung der Herabminderung des Kapitalanteils) und damit letztendlich die Außenhaftung betreffen.
Die Grundsätze der gebotenen objektiven Auslegung des Gesellschaftsvertrages gebieten zudem die Annahme, so der BGH, dass Begriffe im Gesellschaftsvertrag einer Publikums-GmbH & Co. KG so verwendet werden, wie sie in einem solchen Gesellschaftsvertrag üblicherweise verwendet werden; danach stünde der Begriff "Darlehenskonto" üblicherweise im Zusammenhang mit einem Darlehen, das der Gesellschafter der Gesellschaft gibt.
Der BGH vermisst weiterhin - wollte man in § 11 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages eine Regelung zur Rückforderbarkeit gesehen - gesellschaftsvertragliche Regelungen dazu, wann eine solche Rückforderung erfolgen darf. Der Auffassung, eine solche Rückforderung stünde allein im Ermessen der Geschäftsführung der Gesellschaft und sei jederzeit möglich, steht der BGH ablehnend gegenüber; dies passe nicht dazu, dass nach § 11 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages eine Ausschüttungspflicht bestünde, wenn es die Liquidität zulässt.
Schließlich würde sich, so der BGH, bei Annahme einer Rückforderbarkeit der gewinnunabhängigen Ausschüttungen, der Sinn der Verteilungsregelung nach § 4 Ziffer 9 des Gesellschaftsvertrages nicht erschließen. Die dort festgeschriebene Vorrangigkeit nicht gezahlter Ausschüttungen stünde in einem Wertungswiderspruch zu der angenommenen jederzeitigen Rückforderbarkeit der gewinnunabhängigen Ausschüttungen.
Im Ergebnis der gebotenen objektiven Auslegung des Gesellschaftsvertrages zum Zeitpunkt seines Abschlusses verneint der BGH eine Vereinbarung der Rückforderbarkeit von gewinnunabhängigen Ausschüttungen.
3. Anmerkung und Ausblick:
Die Entscheidung des BGH war für Aussenstehende angesichts der Vielzahl klagestattgebender Land- und Oberlandesgerichtsurteile in gleichgelagerten Rückforderungsprozesse der Dr. Peters Gruppe in dieser Klarheit sicherlich unerwartet, materiellrechtlich entspricht sie jedoch der von uns in den Vorinstanzen bereits vertretenen Rechtsauffassung und ist sowohl im rechtlichen Ergebnis als auch als Signal an die Initiatoren von Fondsgesellschaften, ihre Anleger ernst zu nehmen, richtig.
Dabei kamen in den Entscheidungen des BGH viele weitere Argumente, die gegen einen Rückforderungsanspruch der Gesellschaft sprechen, gar nicht mehr zum Zuge, weil der BGH bereits in einem sehr frühen Stadium der Prüfung - nämlich der Wortlaut-Auslegung der einschlägigen gesellschaftsvertraglichen Regelung - den Rückforderungsanspruch der Gesellschaft verneinen konnte. Solch verstärkende Argumente sind beispielsweise,
- dass die gewinnunabhängigen Ausschüttungen tatsächlich nicht als Darlehen, sondern gegen das Eigenkapital gebucht worden waren,
- dass der Feststellung der eine Darlehensbuchung gerade nicht enthaltenden Jahresabschlüsse die Wirkung eines negativen Schuldanerkenntnisses zwischen der Gesellschaft und den Kommanditisten zukommt,
- dass weder die Ausschüttungsmitteilungen noch der Beteiligungsprospekt einen Hinweis auf die Rückzahlbarkeit der gewinnunabhängigen Ausschüttungen enthalten hat, und schließlich
die Frage, wieso angenommen werden soll, ein Anleger wolle die Rückzahlbarkeit der gewinnunabhängigen Ausschüttungen vereinbaren (aus welchem Interesse heraus?), wenn eine ausdrückliche Vereinbarung dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen ist.
Die Entscheidungen des BGH gehen weit über den Einzelfall hinaus. Auch wenn die Entscheidungen des BGH zu einer Schiffsfondsgesellschaft ergangen sind, so liegt es doch auf der Hand, dass sie über diesen Einzelfall hinaus weitreichende Auswirkungen für alle Fondsgesellschaften, die gegenüber ihren Anlegern Ausschüttungen auf der Grundlage einer "Darlehenskonstruktion" zurückfordern, haben; so z. B. auch für Immobilien-, Flugzeug- oder Windenergieanlagenfonds. Die Entscheidungen des BGH betreffen sowohl laufende Verfahren als auch Anleger, die die Ausschüttungen auf die Aufforderung der Fondsgesellschaft hin zurück gezahlt haben, und nun überlegen, ob sie diese ihrerseits zurückfordern können.
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