In Hessen sprang ein Hund aus dem Auto und hetzte ein Reh, welches sich in einem Zaun verfing. Der Hund wurde als gefährlicher Hund eingestuft. Eine danach absolvierte Wesensprüfung des Hundes widerlege bzw. beseitige nicht die Gefährlichkeit des Hundes.

Der Sachverhalt

Die Stadt Staufenberg stufte den Hund auf Grund dieses Vorfalls als "gefährlichen" Hund ein, für den nach der Hundesteuersatzung der Stadt ein deutlich erhöhter Steuersatz zu entrichten ist (im hier betroffenen Jahr 2008 betrug die erhöhte Steuer 618 EUR im Vergleich zum normalen Steuersatz von 42 EUR). Streitig war, ob der Hund das Reh auch gerissen hat.

Der Kläger hatte eingewandt, der Hund habe mittlerweile eine Wesensprüfung bestanden und er selbst eine Sachkundeprüfung erfolgreich abgelegt. Das Tier dürfe deshalb nicht als gefährlich eingestuft werden. Darüberhinaus gehöre das Jagdverhalten zu den Wesenseigenschaften eines jeden Hundes. Die Satzung sei auch zu unbestimmt, da in der 2008 geltenden Fassung jegliches Hetzen von anderen Tieren (wie dies auch bei Jagdhunden im Jagdeinsatz der Fall sei) zur Gefährlichkeit führe, nicht nur das unkontrollierte, wie dies die Hundeverordnung vorsehe.

Die Entscheidung

Der Einzelrichter der 8. Kammer wies die Klage nun ab, da sich der Hund durch das Hetzen des Rehes als gefährlich erwiesen habe. Die Satzung der Stadt Staufenberg, die sich anders als in der aktuellen Fassung in der 2008 gültigen Fassung nicht genau am Wortlaut der Hundeverordnung orientiert habe, stufe in rechtlich unbedenklicher Weise einen Hund als gefährlich ein, wenn dieser andere Tiere hetze. Dass damit - wie in der Hundeverordnung - nur unkontrolliertes, also nicht im Zusammenhang etwa mit einer Jagd stehendes Hetzen gemeint sei, sei offensichtlich.

Dies sei hier aber unstreitig passiert. Darauf, ob der Hund das Reh auch gerissen habe, komme es dagegen ebenso wenig an, wie darauf, ob dieses Verhalten artgerecht sei. Letzteres sei für die Einstufung eines Hundes als gefährlich nicht relevant. Die im Nachhinein absolvierte, von der Hundeverordnung vorgesehene Wesensprüfung widerlege bzw. beseitige zudem weder nach der Satzung noch nach der Hundeverordnung die Gefährlichkeit des Hundes. Denn nach der Hundeverordnung sei die Wesensprüfung nur Voraussetzung für das Halten eines gefährlichen Hundes, führe aber gerade nicht dazu, die Ungefährlichkeit zu beweisen. Die Höhe des Steuersatzes unterliege ebenfalls keinen Bedenken.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann dagegen binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe die Zulassung der Berufung beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel beantragen.

Gericht:
Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 18.01.2012, 8 K 5775/10.GI

Zur Information:

Auszug aus der 2008 geltenden Satzung über die Hundesteuer der Stadt Staufenberg vom 05.12.2006

§ 5 Steuersatz
(1) Die Steuer beträgt jährlich
für den ersten Hund € 42,-
für den zweiten Hund € 60,-
für jeden dritten und jeden weiteren Hund € 84,-

(2) Hunde, für die Steuerbefreiung nach § 6 gewährt wird, sind bei der Berechnung der Anzahl der Hunde nicht anzusetzen.

(3) Abweichend von Abs. 1 beträgt die Steuer für einen gefährlichen Hund jährlich € 618,-.

(4) Als gefährliche Hunde gelten
...
4. Hunde, die andere Tiere hetzen oder reiße.
...

und aus der
Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden (HundeVO) Vom 22. Januar 2003

§ 2 Gefährliche Hunde
(1) Gefährlich sind Hunde, die durch Zucht, Haltung, Ausbildung oder Abrichtung eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine andere in ihren Wirkungen vergleichbare, mensch- oder tiergefährdende Eigenschaft besitzen. Für folgende Rassen und Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden wird eine Gefährlichkeit vermutet:
1. Pitbull-Terrier oder American Pitbull Terrier,
2. American Staffordshire-Terrier oder Staffordshire Terrier,
3. Staffordshire-Bullterrier,
4. Bullterrier,
5. American Bulldog,
6. Dogo Argentino,
7. Kangal (Karabash),
8. Kaukasischer Owtscharka,
9. Rottweiler.

(2) Gefährlich sind auch die Hunde, die
1. einen Menschen gebissen oder in Gefahr drohender Weise angesprungen haben, sofern dies nicht aus begründetem Anlass geschah,
2. ein anderes Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben,
3. durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert andere Tiere hetzen oder reißen oder
4. aufgrund ihres Verhaltens die Annahme rechtfertigen, dass sie Menschen oder Tiere ohne begründeten Anlass beißen.

§ 3 Erteilung und Widerruf der Erlaubnis
(1) Die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes darf nur erteilt werden, wenn die Halterin oder der Halter
1. das 18. Lebensjahr vollendet hat,
2. zuverlässig ist,
3. sachkundig ist,
4. eine positive Wesensprüfung für den Hund nachweist, deren Durchführung zum Zeitpunkt der Vorlage bei der zuständigen Behörde nicht länger als sechs Monate zurückliegt,
5. nachweist, dass der Hund artgerecht gehalten wird und die erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind, damit von ihm keine Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz ausgehen,
6. nachweist, dass der Hund mit einem Chip nach § 12 gekennzeichnet ist,
7. nachweist, dass für den Hund nach Maßgabe einer gesetzlichen Regelung eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen worden ist,
8. nachweist, dass die bereits fällig gewordene Hundesteuer entrichtet worden ist.

Quelle: VG Gießen
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