Nach einem Urteil des OLG Hamm, sei ein Erbe nicht verpflichtet, einem Kreditinstitut einen Erbschein vorzulegen. Er könne seine Berechtigung auch auf andere Weise nachweisen.

Wie der Verbraucherzentrale Bundesverband mitteilt, dürfe ein Kreditinstitut vom Erben eines verstorbenen Kunden nicht verlangen, dass er seine Erbberechtigung mit einem Erbschein nachweist. Man müsse auch die Möglichkeit haben, den Nachweis auch durch andere geeignete Dokumente zu erbringen.

Der Sachverhalt

Eine Sparkasse hatte auf einem Erbschein bestanden, obwohl die Kundin durch einen notariell beglaubigten Erbvertrag und das amtliche Protokoll der Testamentseröffnung nachweisen konnte, dass sie die rechtmäßige Erbin ist. Dadurch entstanden ihr unnötige Kosten für die Ausstellung des Erbscheins durch das Nachlassgericht. Nach ihren Geschäftsbedingungen war die Sparkasse berechtigt, den Erbschein zu fordern.

Die Entscheidung

Diese Kauseln sind unzulässig, weil sie den Kunden unangemessen benachteiligen, entschied das OLG Hamm.

Aus dem Urteil geht folgendes hervor: [...] Nach deutschem Recht ist der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen; er hat auch die Möglichkeit, den Nachweis seines Erbrechts in anderer Form zu erbringen (BGH NJW-RR 2005, 599, 600; BGH NJW 2005, 2779, 2780). Eine grundsätzliche Pflicht des Erben zur Vorlage des Erbscheins ist nach dem BGB nicht gewollt und würde in vielen Fällen zu einer „unerträglichen Belästigung des Erben, zu unnützen Kosten und zur Verzögerung der Nachlassregulierung führen“ (vgl. Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl., § 10 Rn. 2 m.w.N.). Aus §§ 2366, 2367 BGB, auf die die Beklagte als gesetzgeberische Grundentscheidung verweist, ergibt sich nichts anderes. Die Vorschriften regeln nicht, wie der Nachweis des Erbrechts geführt werden kann, sondern unter welchen Voraussetzungen mit befreiender Wirkung an die im Erbschein als Erbe bezeichnete Person geleistet werden kann. [...]

Davon wichen die Klauseln in unzulässiger Weise ab. Die Entscheidung lag allein bei der Sparkasse, ob sie einen Erbschein verlangt oder sich mit einem beglaubigten Testament oder Erbvertrag begnügt. Auch wenn das Erbrecht gar nicht zweifelhaft oder durch andere Dokumente nachgewiesen sei, könne die Sparkassen auf dem Erbschein bestehen, monierten die Richter. Zudem könne sie den Erbschein nach dem Wortlaut der Klauseln auch dann verlangen, wenn das Konto nur ein geringes Guthaben aufweist und die Kosten für den Erbschein dazu in keinem Verhältnis stehen.

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 01.10.2012 - I-31 U 55/12

Quellen: vzbv, OLG Hamm
Rechtsindex - Recht & Urteil
Ähnliche Urteile:

Nürnberg (D-AH) - Wird die vom Gesetzgeber geforderte Orts- und Datumsangabe auf einem handschriftlichen Testament erst nachträglich und mit einem anderen Schreibstift eingefügt, handelt es sich trotzdem um ein gültiges Erb-Dokument. Urteil lesen

Erbrecht - Das Berliner Testament erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Es hat jedoch steuerlich den Nachteil, dass beim Tod des ersten Ehegatten die Kinder zunächst leer ausgehen und keinen Freibetrag bei der Erbschaftsteuer ausschöpfen können. Urteil lesen

An den eigenen Tod zu denken, das ist für niemanden einfach. Dennoch sollte man sich frühzeitig überlegen, wie man seine Erbangelegenheiten regeln will. ARAG Experten erläutern die Möglichkeiten. Urteil lesen

Formwirksamkeit - Die Unterschrift des an der Beurkundung Beteiligten unter einer notariellen Urkunde erfordert die Unterzeichnung wenigstens mit dem Familiennamen. Steht davor offenbar fälschlicherweise der Vorname des begünstigten Ehepartners, ändert sich an dieser Rechtslage nichts. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de