Kanzlei Nittel erstreitet Urteil gegen Clerical Medical und Apo-Bank. Anleger muss Darlehen für kreditfinanzierte Lebensversicherung nicht zurückzahlen.

Ein Beitrag von Nittel | Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht

Kreditfinanzierte Lebensversicherungen wurden von Finanzvermittlern gerne an Ärzte und andere Freiberufler verkauft. Dabei handelte es sich zumeist um Investment-Policen, bei denen aus steuerlichen Gründen die Finanzierung des Einmalbeitrags über einen Kredit erfolgte. Europlan, Individualrente, Lex-Konzeptrente, SpaRenta, Sicherheits-Kompaktrente und viele andere Fantasienamen wurden für derartige Produkte gewählt, die eine zusätzliche private Altersvorsorge darstellen sollten. Die Hochrechnungen wurden gegenüber den Anlegern so dargestellt, dass die Police aufgrund der hohen Aktienquote höhere Renditen erzielen werde als das Darlehen an Zinskosten verursache. Doch in der Realität hinkten die Gewinne den hohen Erwartungen hinterher und aufgrund der Hebelwirkung durch die Kreditfinanzierung verbuchten die Anleger hohe Verluste.

Zu den besonders aktiven Partnern der fragwürdigen Anlagemodelle zählte der britische Lebensversicherer Clerical Medical Investment (CMI), für den teilweise mit Renditeprognosen von 8,5 Prozent geworben wurde. Ein betroffener Anleger, der im Jahr 2002 eine CMI-Police namens "Individualrente" über die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apo-Bank) finanziert hatte und hohe Verluste hinnehmen musste, zog nun vor das Schweriner Landgericht und verlangte die Freistellung von der Rückzahlung des mit der Police verbundenen Darlehens.

In ihrem Urteil (LG Schwerin, Aktenzeichen 1 O 59/10) gaben die Richter dem von Tino Ebermann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in der Heidelberger Kanzlei Nittel, vertretenen Anleger Recht. Eine Pflichtverletzung der CMI im Rahmen der Anbahnung des Versicherungsvertrages sei als gegeben anzusehen, so der Tenor des Urteils. Der Anleger wurde mit einer historischen zweistelligen Rendite und einer Renditeprognose von 8,5 Prozent pro Jahr geblendet. Nachdem CMI einen Großteil der Versicherungsbeiträge in Aktien und vergleichbaren Wertpapieren anlegte und nach dem Börsencrash 2001 erhebliche Verluste hinnehmen musste, sei dies nicht mehr vertretbar gewesen. In einer von CMI dem Vertrieb zur Verfügung gestellten Berechnungssoftware wurde überdies eine Wertentwicklung von "nur" 6 Prozent für realistisch gehalten.

Nach Ansicht des Landgerichts Schwerin hätte CMI die falschen Renditevorstellungen des Anlegers vor Annahme des Versicherungsantrags durch geeignete Aufklärung richtigstellen müssen. Begründung: Ein Versicherer darf nicht untätig bleiben, wenn der Versicherungsnehmer mit dem Abschluss des Vertrags den erkennbaren Zweck verfehlt. Daher müsse CMI den Anleger von der Darlehensrückzahlungsforderung freistellen. Überdies könne die Apo-Bank vom Anleger die Rückzahlung des Darlehens ebenfalls nicht verlangen, weil Versicherungs- und Darlehensvertrag als sogenannte verbundene Geschäfte zu beurteilen seien. Denn durch die allgemeine Finanzierungszusage hat sich die Apo-Bank bewusst in das Modell der "Individualrente" einbinden lassen.

Dieses Urteil führt die neuere Rechtsprechung in den Anlegerprozessen gegen CMI wegen kreditfinanzierter Versicherungsverträge fort und setzt für die Betroffenen ein positives Zeichen. Zwar ist der Richterspruch noch nicht rechtskräftig, weil sowohl CMI als auch die Apo-Bank Berufung eingelegt haben. Aufgrund der umfassenden Urteilsbegründung sehen wir gute Chancen, dass in der Berufung die Rechtsauffassung des Landgerichtes bestätigt wird.

Tino Ebermann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht


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