Im Sozialrecht gibt es die Grenze zwischen Ost und West noch. Ist umstritten, ob ein Beschäftigungsort im Beitrittsgebiet liegt oder im Westen (hier: Büro im alten Grenzgebiet), ist die Anschrift entscheidend, also die Lage des Haupteinganges. Unbedeutend ist, wo der Schreibtisch innerhalb des Bürogebäudes stand.

Die Grenze zwischen Ost und West: Am Potsdamer Platz im Herzen Berlins durchschneidet sie inzwischen ganze Bürohäuser, die nach der Wende im einstigen Niemandsland zwischen Ost- und West-Berlin gebaut worden sind. Worauf kommt es an, wenn die Höhe des Arbeitslosengeldanspruchs sozialrechtlich davon abhängt, ob das Büro im Westen oder Osten liegt?

Der Sachverhalt

Der Kläger, ein ehemaliger Geschäftsführer einer Immobilienfirma erzielte vor seiner Kündigung ein außergewöhnlich hohes Einkommen. Sein Arbeitslosengeld richtete sich nicht wie sonst üblich nach einem gewissen Prozentsatz seines letzten beitragspflichtigen Einkommens, sondern nur nur bis zum gesetzlich festgelegten Höchstsatz. Dieser ist im Beitrittsgebiet (Osten) niedriger als im Westen, denn er berechnet sich nach der immer noch unterschiedlich hohen Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (für 2009 monatlich 5400 Euro West und 4550 Euro Ost - Der Kläger verdiente oberhalb der Grenzen).

Wo liegt nun der Beschäftigungsort?

Das Bürogebäude, also der Beschäftigungsort, in dem der Kläger arbeitete, steht genau auf der alten Grenze zwischen Ost (Stadtteil Mitte) und West (Stadtteil Tiergarten) in der Ebertstraße 2 am Potsdamer Platz (Beisheim-Center). Der Haupteingang in der Ebertstr. 2 liegt im Osten, 3/4 des Grundstücks, der ehemalige Büroraum des Klägers und auch ein Hintereingang liegen im Westen. Die Bundesagentur für Arbeit ging von einem Beschäftigungsort im Osten aus. Der Kläger meinte, im Westen Berlins gearbeitet zu haben.

Die Entscheidung

Nach der Entscheidung des Sozialgerichts Berlin liegt ein Beschäftigungsort im Osten, wenn sich dort der Haupteingang befindet. Pech für den Kläger, der deshalb von der Bundesagentur für Arbeit ca. 200 Euro weniger Arbeitslosengeld im Monat bekommt. Für die örtliche Zuordnung ist die Anschrift des Bürogebäudes ausschlaggebend, so die Richter. Dieses Kriterium ermöglicht eine eindeutige und praktikable Zuordnung. Unerheblich ist die Lage des überwiegenden Teils des Bürogebäudes, die mitunter erst nach umständlicher, sachverständiger Vermessung der Arbeitsstelle und Abgleich mit Katasterauszügen ermittelt werden kann. Auch auf den Standort des Schreibtischs innerhalb des Gebäudes kommt es nicht an, da dies zu reinen Zufallsergebnissen führen würde.

Das Urteil kann noch mit der Berufung zum Landessozialgericht angefochten werden.

Rechtsgrundlagen:
§§ 129, 131 Abs. 1 Satz 1, 342, 341 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4, 408 Nr. 2 SGB III und § 9 SGB IV

Gericht:
Sozialgericht Berlin - Urteil vom 18. März 2010 (S 60 AL 2056/09)

Quelle: Rechtsindex | Sozialgericht Berlin