Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute über die Klage eines ausgebildeten Physiotherapeuten entschieden, der die Erlaubnis zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde nach § 1 des Heilpraktikergesetzes beschränkt auf den Bereich der Physiotherapie erstrebt hat, ohne zuvor eine nach dem Heilpraktikerrecht vorgesehene Kenntnisüberprüfung absolvieren zu müssen.

Der beklagte Freistaat Bayern hat dies abgelehnt, weil die Erlaubnis nur einheitlich und nur nach einer uneingeschränkten Kenntnisprüfung erteilt werden könne. Ein Physiotherapeut dürfe auf seinem Fachgebiet nicht eigenverantwortlich tätig werden. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zur Erteilung einer beschränkten Erlaubnis ohne weitere Kenntnisprüfung verpflichtet.

Revision des Beklagten hat vor dem Bundesverwaltungsgericht überwiegend keinen Erfolg. Der Kläger kann eine auf das Gebiet der Physiotherapie begrenzte Heilpraktikererlaubnis beanspruchen, muss sich allerdings einer eingeschränkten Kenntnisüberprüfung unterziehen. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Das Berufsbild des Physiotherapeuten sei ebenso wie andere Gesundheitsfachberufe auf eine Krankenbehandlung nach ärztlicher Verordnung ausgerichtet. Die Ausbildung berechtige nicht zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde. Die gesetzliche Fixierung des Berufsbildes stehe andererseits einer eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde mit den Mitteln der Physiotherapie nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen des Heilpraktikergesetzes für die Erteilung einer Erlaubnis erfüllt seien. Diese Erlaubnis könne bei ausgebildeten Physiotherapeuten auf ihr Gebiet beschränkt werden. Es sei im Lichte der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigt, den Kläger auf den Erwerb einer uneingeschränkten Heilpraktikererlaubnis und damit auf eine umfassende Kenntnisprüfung zu verweisen, wenn er nur auf dem abgrenzbaren Bereich der Physiotherapie tätig werden wolle. Die nach dem Heilpraktikerrecht zum Schutz vor Gesundheitsgefahren vorgeschriebene Prüfung könne zwar nicht gänzlich entfallen, müsse sich aber auf solche Kenntnisse beschränken, die zur eigenverantwortlichen Anwendung von Physiotherapie erforderlich und nicht bereits durch die Berufsausbildung vermittelt worden seien. Dies betreffe in fachlicher Hinsicht die Grenzen der heilkundlichen Tätigkeit im Bereich der Physiotherapie einschließlich ausreichender diagnostischer Fähigkeiten und daneben die für eine nichtärztliche Ausübung der Heilkunde notwendige Berufs- und Gesetzeskunde.

Rechtsgrundlagen:
HeilprG § 1; GG Art. 12 Abs. 1

Pressemeldung | BVerwG 3 C 19.08 - Urteil vom 26. August 2009
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