Sexuelle Handlungen zwischen Lehrern und minderjährigen Schülern führen grundsätzlich zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst. Aber auch unabhängig vom Alter der Schüler stellen sexuelle Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern ein Dienstvergehen dar.

Der Sachverhalt


Der 1964 geborene Beklagte war Lehrer an einer Förderschule. Im Juni 2010 besuchte er im Rahmen des „Sport- und Erlebnistages“ seiner Schule mit mehreren Schülern der sechsten bis zehnten Klassen ein Freizeitbad. Nach den Feststellungen im später gegen ihn ergangenen Strafbefehl, mit dem der Beklagte zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, griff der Beklagte - zunächst im Rutsch-, dann im Sprudel- und sodann wieder im Rutschbecken - einem 14-jährigen Schüler mehrfach an Hoden, Penis und Po, gab ihm mehrere Zungenküsse, zog dessen Kopf an seine Genitalien heran, fasste ihm in die Badehose, drückte dann seinen erigierten Penis an den des Jungen und schob den Schüler später auf seinem Schoß sitzend wie beim Geschlechtsakt vor und zurück. Wegen dieses sexuellen Missbrauchs entfernte das Verwaltungsgericht den Lehrer aus dem Beamtenverhältnis.

Die Entscheidung

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung und nahm sie zum Anlass für grundsätzliche Ausführungen:

Die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Schüler, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen persönlichen Entwicklung sowie Anspruch und Vertrauen der Eltern darauf, dass Lehrer das aufgrund der allgemeinen Schulpflicht bestehende Obhuts- und Näheverhältnis zu den Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichte den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt zu verhalten. Diese Verpflichtung bestehe nicht nur gegenüber minderjährigen, sondern wegen des erforderlichen Vertrauens in die Unvoreingenommenheit der Lehrer auch volljährigen Schülern gegenüber.

Deshalb verstoße ein Lehrer im Kernbereich gegen seine dienstlichen Pflichten, wenn er sexuelle Handlungen zwischen ihm und Schülern zulasse. Dies gelte unabhängig von einem konkreten Abhängigkeits- oder Obhutsverhältnis zwischen Lehrer und Schüler und auch dann, wenn die Handlung mit dem (vermeintlichen) Einverständnis des Schülers erfolge.

Sanktionen

Die im Disziplinarverfahren auszusprechende Sanktion bemesse sich maßgeblich nach Art und Ausmaß der Pflichtverletzung sowie des Vertrauensverlustes des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen sei, hänge deshalb nicht davon ab, ob das Verhalten des Beamten einen Straftatbestand erfülle und welcher Strafrahmen hierfür gelte. Da sexuelle Übergriffe auf Minderjährige in höchstem Maße schädliche Auswirkungen auf die seelische und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen hätten sowie das Vertrauen der Eltern in ein partnerschaftliches Zusammenwirken mit der Schule bei der Erfüllung des staatlichen Erziehungsauftrages zerstöre, seien solche Handlungen grundsätzlich mit der disziplinarischen Höchstmaßnahme zu ahnden.

Deshalb habe der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müssen. Milderungsgründe, die ausnahmsweise ein Absehen von der Dienstentfernung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Insbesondere der Einwand, es habe sich um einen einmaligen Übergriff gehandelt, erlaube nicht den Verbleib des Beklagten im Beamtenverhältnis. Schließlich könne der Beklagte zu seinen Gunsten nichts daraus herleiten, dass er zu einer Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr verurteilt worden sei. Wegen der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht komme es auf das Maß der strafrechtlichen Verurteilung für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht an.

Gericht:
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.02.2012 - 3 A 11426/11.OVG

OVG Rheinland-Pfalz
Rechtsindex
Ähnliche Urteile:

Wenn Kinder, auch im fortgeschrittenen Alter, spielerisch oder um Geborgenheit zu suchen, an der mütterlichen Brust nuckeln, liegt keine strafbare Handlung der Mutter wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern oder Schutzbefohlenen vor. Urteil lesen

Das Verwaltungsgericht Mainz hat entschieden, dass die Rücknahme der Ernennung eines Lehrers rechtmäßig war, weil dieser vor seiner Ernennung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt worden war. Urteil lesen

Sexueller Missbrauch - Das Betasten der Brüste von Patientinnen im Rahmen von Entspannungsübungen und Hypnosebehandlungen rechtfertigt den Widerruf der Approbation eines Psychotherapeuten. Urteil lesen

Die Verjährung auf Schmerzensgeldanspruch beginnt mit Kenntnis vom Schaden und des Täters. Hat ein Opfer den Missbrauch aufgrund einer psychischen Traumatisierung verdrängt, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Eintritt der Erinnerung an das Geschehene. Urteil lesen

Werbung
Werbung auf Rechtsindex.de