Einen Fußgänger treffen beim Überschreiten eines Geh- und Radweges dieselben Sorgfaltspflichten wie beim Überschreiten einer Fahrbahn. Dazu gehöre es, sich zu vergewissern, ob der Weg gefahrlos für sich und andere betreten werden kann.

Der Sachverhalt

Vor dem Grundstück des Klägers verläuft ein kombinierter Geh- und Radweg. Als der Kläger aus seinem von Hecken umfassten Grundstück heraustrat, ist gerade ein Rennradfahrer einer Joggerin rechts ausgewichen. Bei dem Zusammenstoß hatten sich sowohl der Kläger als auch der Rennradfahrer verletzt. Über die genaueren Umstände des Unfallhergangs bestand zwischen den Parteien Streit.

Der Kläger sieht die Schuld beim Rennradfahrer. Er habe Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen, indem er mit einem Abstand von weniger als einem Meter zu der Hecke auf dem kombinierten Geh- und Radweg gefahren sei. Außerdem sei er schneller als 20 km/h gefahren. Damit habe er den Zusammenstoß verursacht.

Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Lüneburg (Az. 3 O 113/17) hatte die Klage abgewiesen und der von dem Rennradfahrer erhobenen Widerklage dem Grunde nach stattgegeben. Der Kläger ging in Berufung.

Die Entscheidung

Die Berufung vor dem Oberlandesgericht Celle (Urteil, Az. 14 U 102/18) ist ohne Erfolg geblieben. Dem Kläger ist es nicht gelungen, den ihm obliegenden Beweis für ein Verschulden des Rennradfahrers zu führen.

Es sei nicht festzustellen gewesen, dass der Rennradfahrer wesentlich schneller als 20 km/h und damit unangemessen schnell gefahren sei. Feststellbar sei auch nicht gewesen, dass der Rennradfahrer in einem so geringen Abstand zu der das Grundstück einfassenden Hecke gefahren sei, mit dem der Kläger beim Betreten des Geh-/Radweges nicht habe rechnen müssen.

Dagegen sei der Kläger seinen eigenen Angaben zufolge ohne zuvor vorsichtig geschaut zu haben, ob sich Radfahrer seiner durch die Hecke sehr schlecht einsehbaren Grundstückseinfahrt näherten, auf den Geh-/Radweg getreten und dem Rennradfahrer unmittelbar vor dessen Rad gelaufen. Er hätte sich vergewissern müssen, ob der Weg gefahrlos für sich und andere betreten werden kann. Der Senat bezog sich hier auf die eigene Rechtsprechung (Urteil vom 05. Dezember 2002) sowie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1961 (Az. VI ZR 211/60).

Die Entscheidung des OLG Celle ist nicht rechtskräftig. Der Senat hatte die Revision nicht zugelassen, aber der Kläger hat eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt, über die dort zu entscheiden ist.

Gericht:
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 20.11.2018 - 14 U 102/18

OLG Celle, PM
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