Im vorliegenden Fall stellt eine Hartz-IV-Empfängerin einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH). Im Rahmen ihrer Klage verlangt sie vom Jobcenter die Übernahme von monatlich 1,85 Euro. So viel koste der Zündstrom zum Betrieb der Gastherme, mit der sie auch Warmwasser erhitze.

Zum Hintergrund

Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist gerichtskostenfrei. Es besteht auch keine Verpflichtung, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Dennoch nimmt eine erhebliche Zahl von Klägern anwaltliche Hilfe in Anspruch. Wenn sie die Kosten der Prozessführung nicht selbst aufbringen können und der Rechtsstreit hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist, erhalten sie hierfür Prozesskostenhilfe (PKH, vgl. § 73 a Sozialgerichtsgesetz, § 114 Zivilprozessordnung).

Der Staat ordnet ihnen dann einen Anwalt bzw. eine Anwältin ihrer Wahl bei und trägt deren Kosten (sofern nicht am Ende des Prozesses der Beklagte ohnehin die Kosten tragen muss, weil er den Prozess verloren hat). Auf diese Weise soll die "Waffengleichheit" zwischen den Klägern und den Behörden mit ihren rechtskundigen Sachbearbeitern sichergestellt werden

Der Fall

Die Klägerin hat früher als Selbständige eine gewerbliche Zimmervermietung betrieben. Nun bezieht sie Hartz IV-Leistungen vom Jobcenter. Mit Hilfe einer Anwaltskanzlei hat sie Ende 2017 vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Über das bereits bewilligte Arbeitslosengeld II hinaus begehrt sie vom beklagten Jobcenter ab Januar 2018 die Übernahme von 1,85 Euro monatlich (= 22,20 Euro jährlich).

So viel kostet der Zündstrom zum Betrieb der Gastherme, mit der sie auch Warmwasser erhitzt. Zugleich hat die Klägerin bei dem Gericht einen Antrag auf Gewährung von PKH gestellt.

Die Entscheidung

Das Sozialgericht Berlin hat den PKH-Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts auf Kosten der Staatskasse abgelehnt. Der Rechtsstreit habe nicht in einem Umfang Aussicht auf Erfolg, der die Gewährung von PKH rechtfertige. Für 1,85 Euro monatlich würde ein nicht bedürftiger Antragsteller mit dem intellektuellen Stand und beruflichen Erfahrungshintergrund der Klägerin vernünftigerweise keine Anwaltskanzlei beauftragen, sondern den Prozess, der ja gerichtskostenfrei sei, selbst führen.

Die Prozesskostenhilfe ermögliche nicht, einen Anwalt ohne Beachtung des Verhältnisses zwischen Streitwert und Kostenrisiko zu beauftragen. Zwar seien Rechtsstreitigkeiten nicht allein wegen eines niedrigen Streitwerts mutwillig. Entscheidend sei jedoch, ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führten, dass der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Parteien verletzt sei, also ein deutliches Ungleichgewicht im Kenntnisstand und den Fähigkeiten der beiden Prozessparteien bestehe. Dies sei hier nicht der Fall.

Der Klägerin sei es möglich, die Auseinandersetzung um die möglicherweise zu Unrecht nicht gewährten 1,85 Euro sprachlich und inhaltlich zu erfassen und eigene Rechtsschutzziele zu formulieren.

Gericht:
Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 12.06.2018 - S 179 AS 12363/17

SG Berlin, PM
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