Der Grundsatz, wonach das Jobcenter für große und teure Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern nicht die volle Miete tragen muss, gilt nicht unbegrenzt. Wer zwischenzeitlich wieder gearbeitet hat, kann unter Umständen eine zweite Übergangsfrist beanspruchen.
Der Sachverhalt
Nach Informationen der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des DAV, lebt der 51-jährige Mann seit dem Auszug von Frau und Kind allein in einer großen Wohnung. Nachdem er auch noch arbeitslos geworden war, bezog er nach "Hartz IV". Das Jobcenter forderte ihn auf, die viel zu hohen Wohnkosten binnen einer Frist von sechs Monaten zu senken.
Durch Untervermietung an eine Studentin gelang ihm dies zeitweilig. Der Mann fand später auch eine neue Stelle und konnte sich die Wohnung wieder leisten. Nach fünf Monaten wurde ihm in der Probezeit gekündigte – der Mann wurde wieder hilfebedürftig.
Das Jobcenter weigerte sich, die hohe Miete zu zahlen, sondern wollte nur noch die Kosten einer angemessenen Wohnung übernehmen. Man habe den Mann ja schon einmal darauf hingewiesen. Der Mann meinte, es liege ein "Neufall" vor: Es sei eine neue Aufforderung und eine neue Frist erforderlich. Außerdem verwies er auf den angespannten Wohnungsmarkt in Hannover.
Die Entscheidung
Der Mann bekam teilweise Recht. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab ihm eine weitere Frist von drei Monaten zur Kostensenkung.
Zwar sei der Kläger durch die vorherige Kostensenkungsaufforderung auf die zu hohen Kosten hingewiesen worden. Auch sei die sechsmonatige Übergangsfrist bereits abgelaufen. Die Aufforderung behalte auch für die Zukunft ihre Warn- und Hinweisfunktion. Einer Wiederholung bedürfe es daher nicht.
Allerdings müsse eine Kostensenkung nach den Umständen des Einzelfalls auch tatsächlich möglich sein. Da der Mann für einige Monate gearbeitet habe, habe er sich in dieser Zeit nicht um eine günstigere Wohnung bemühen müssen. Nach der kurzfristigen Kündigung sei ein weiterer zeitlicher Vorlauf nötig, um die Kosten etwa durch Umzug oder Untervermietung zu senken. Hierfür sei eine weitere Frist von drei Monaten erforderlich, aber auch ausreichend.
Leitsatz
Die Warn- und Hinweisfunktion einer Kostensenkungsaufforderung bleibt auch bei einem kurzzeitigen (hier: viermonatigen) Ausscheiden aus dem SGB II-Leistungsbezug weiterhin wirksam, soweit die zur Unangemessenheit der KdUH führenden Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Werden nach einer nennenswerten Unterbrechung des SGB II-Leistungsbezugs entsprechende Leistungen erneut beantragt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob eine neue Frist zur Senkung der Unterkunftskosten einzuräumen ist.
Rechtsgrundlagen:
§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II
§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II
Gericht:
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.07.2018 - L 11 AS 561/18 B ER
Quelle: www.dav-sozialrecht.de
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