Ein Bürger hat dann keinen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn er durch Kündigung eines mit einem Bestattungsunternehmen geschlossenen privaten Bestattungsvorsorgevertrages Vermögen (zurück-)erlangen und sich so selbst helfen kann. Das gilt jedenfalls dann, wenn die spätere Bestattung anderweitig gesichert ist.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall hatte eine Frau ihr Grundstück frühzeitig an ihren Sohn übertragen. Im Gegenzug verpflichtete sich der Sohn notariell, die Bestattungskosten der Mutter später zu tragen. Jahre danach musste die Frau in ein Pflegeheim und schloss einen Bestattungsvorsorgevertrag i.H.v. knapp 9.000 € ab. Sodann beantragte sie Sozialhilfe. Der Antrag wurde abgelehnt.

Die Entscheidung

Im folgenden Gerichtsverfahren gab das Sozialgericht dem Kreis Steinfurt Recht: Es könne offen bleiben, ob der Bestattungsvorsorgevertrag angesichts der hohen Summe überhaupt noch angemessen sei. Jedenfalls aber sei eine angemessene Bestattungsvorsorge schon durch die Verpflichtung des Sohnes gewährleistet.

Aus dem Urteil

[Denn der Schutz des § 90 Abs. 3 SGB XII entfällt hier bereits, da sich der Sohn der Klägerin mit notariellem Vertrag verpflichtet hat, im Falle des Todes der Klägerin diese standesgemäß bestatten zu lassen. Nach Auffassung der Kammer ist dadurch bereits eine angemessene Bestattungsvorsorge seitens der Klägerin erfolgt. Die Klägerin muss sich auf diese verweisen lassen. Eine darüber hinausgehende finanzielle Absicherung der Bestattungskosten ist nicht notwendig. Eine gewisse Unsicherheit, ob sich der zur Bestattung verpflichtende Vertragspartner des Hilfesuchenden tatsächlich an den notariellen Vertrag hält, ist dem Hilfesuchenden zuzumuten, da es sich insoweit um ein allgemeines Lebensrisiko handelt (siehe nur SG Münster, Urteil vom 23.10.2017, Az.: S 11 SO 182/15).]

[Da der streitgegenständliche Bestattungsvorsorgevertrag bereits aus dem o.g. Grund nicht schutzwürdig ist, kann ebenfalls offen bleiben, ob der Schutz des § 90 Abs. 3 SGB XII nicht bereits deshalb entfällt, da die Klägerin den Bestattungsvorsorgevertrag erst nach Heimaufnahme und erstmaliger Ablehnung eines Leistungsanspruchs abgeschlossen hat. Insbesondere kann dahinstehen, ob sich die Klägerin überhaupt auf eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII berufen kann, wenn sie diese Härte durch eigenes Verhalten selbst herbeigeführt hat.]

In der Folge sei es der Frau zumutbar, ihren Bestattungsvorsorgevertrag zu kündigen, rückabzuwickeln und sich durch das dann erhaltene Vermögen (zunächst) selbst zu helfen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Rechtsgrundlage:
§ 2 Abs. 1 SGB XII

Gericht:
Sozialgericht Münster, Urteil vom 28.06.2018 - S 11 SO 176/16

SG Münster, PM
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