Nach Urteil des SG Heilbronn (Az. S 11 SO 142/12) hat der Sozialhilfeträger zu Recht einen Antrag auf Finanzierung eines Kfz mit Automatikgetriebe abgelehnt, nachdem die Klägerin unter stressbedingtem Schwindel im Sitzen leide und sie davor Angst habe, im Auto zu sitzen.

Der Sachverhalt

Im verhandelten Fall des SG Heilbronn (Az. S 11 SO 142/12) lebt die 46jährige Klägerin zusammen mit ihrem 17jährigen Sohn. Diverse Geschäfte sind nur wenige hundert Meter entfernt. Zwei weitere ältere Kinder leben außer Haus und verfügen über ein Kfz. Die Klägerin ist arbeitslos und lebt u.a. von einer Erwerbsminderungsrente.

Die Klägerin ist zwar im Besitz eines Führerscheins, hat jedoch kein Auto. Sie leidet an extremem Übergewicht. Nach eigener Einschätzung kann sie wegen Panikstörung und Schwindel keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Zu Fuß könne sie wegen einer Gehbehinderung nur noch rund 100m gehen. Ohne eigenes Auto könne sie aus eigener Kraft weder zum Arzt oder zur Krankengymnastik noch Einkaufen oder gar Freunde und Verwandte besuchen.

Antrag auf Finanzierung eines Kfz abgelehnt

Ihren Antrag auf Finanzierung eines Kfz mit Automatikgetriebe lehnte der Landkreis Ludwigsburg als zuständiger Sozialhilfeträger ab. Die Klägerin sei verpflichtet, zunächst alle anderweitigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um ihre Lebenssituation zu verbessern: Ihr Gewicht und damit auch ihre Gehfähigkeit könne sie mittels eines Kuraufenthalts auf Kosten ihrer Krankenkasse reduzieren.

Zudem erscheine es zweifelhaft, ob sie wegen ihres Schwindels überhaupt ein Kfz sicher fahren könne. Der Bedarf an Einkäufen für Haushalt und Lebensmittel sei bereits durch die vom Landkreis gezahlte Hilfskraft für häusliche Pflege gedeckt. Darüber hinaus anfallende Einkäufe könnten die Kinder der Klägerin übernehmen.

Klägerin: Ohne Fahrzeug sei ihr die berufliche Integration verwehrt

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, sich bei ihrer Krankenkasse bereits vergeblich um die Kostenübernahme für Fahrten zu Ärzten, zur Krankengymnastik und zu einer ambulanten Therapie in der Adipositas-Klinik bemüht zu haben. Schließlich wolle sie sich nach einer Rehamaßnahme wieder beruflich integrieren und ehrenamtlich engagieren. Ohne Auto sei ihr all dies verwehrt.

Die Entscheidung

Ihre Klage blieb erfolglos: Die Kammer verwies auf verschiedene medizinische Gutachten und einen Befundbericht des sie behandelnden Nervenarztes, wonach die Klägerin u.a. an einer Panikstörung und stressbedingtem Schwindel im Sitzen leide, und sie davor Angst habe, im Auto zu sitzen. Demnach könne die Klägerin nicht sicher ein Kfz bedienen.

Im Übrigen habe der Amtsarzt im letzten Gutachten ausdrücklich eine stationäre Kur empfohlen, wobei vorrangig die Krankenkasse zuständig sei, Kosten für Fahrten zu Arztbesuchen und sonstigen notwendigen medizinischen Behandlungen zu übernehmen.

Gericht:
Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 27.11.2012 - S 11 SO 142/12

SG Heilbronn
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