Beginn und Ende der Räum- und Streupflicht bestimmen sich zum Einen durch das Einsetzen und das Ende der allgemeinen Gefährdung durch die Glätte und zum Anderen durch die übliche Zeit des Verkehrs. In der Regel muss zwischen 7:00 Uhr (sonn- und feiertags: 9:00 Uhr) und 20:00 Uhr gestreut werden.

Der Sachverhalt

Die im Jahre 1939 geborene Klägerin aus Bochum kam im Dezember 2009 gegen 9:40 Uhr auf dem eisglatten Zuweg vor einem Haus in der Unterstraße in Bochum zu Fall, in dem sie eine Mietwohnung bewohnte. Sie erlitt einen Oberschenkelhalsbruch. Die Klägerin verlangt die Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (9 U 38/12)

Nach der Entscheidung des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm waren der Klägerin - unter Berücksichtigung eines mit 1/3 zu bewertenden Mitverschuldens - 7.000 Euro Schmerzensgeld und ca. 2.500 Euro als Haushaltsführungsschaden zuzusprechen, für den die beklagten Eigentümer aufzukommen hatten.

Die Beklagten seien als Eigentümer verkehrssicherungspflichtig und hätten es versäumt, die Räum- und Streupflicht durch konkrete vertragliche Regelungen auf die Hausverwaltung oder die Mieter zu übertragen. Die Erfüllung dieser Pflicht hätten sie auch nicht hinreichend überwacht. Als Zuweg vom Haus zum Bürgersteig habe die Verkehrsfläche gestreut werden müssen.

Zeiten der Räum- und Streupflicht

Auch in zeitlicher Hinsicht habe eine Räum- und Streupflicht bestanden. Deren Beginn und Ende bestimmten sich zum Einen durch das Einsetzen und das Ende der allgemeinen Gefährdung durch die Glätte und zum Anderen durch die übliche Zeit des Verkehrs. Bei entsprechender Witterung beginne die Räum- und Streupflicht mit dem Einsetzen des Verkehrs, regelmäßig gegen 7:00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen gegen 9:00 Uhr, und Ende gegen 20:00 Uhr. Der Sturz der Klägerin ereignete sich gegen 9.40 Uhr.

Die Streupflicht bedeutet zwar nicht, dass die Wege bei eintretender Winterglätte so zu bestreuen sind, dass ein Verkehrsteilnehmer überhaupt nicht ausgleiten kann; vielmehr müssen die Wege nur derart bestreut werden, dass sie von den Verkehrsteilnehmern ohne Gefahr benutzt werden können, wenn auch diese die erforderliche Sorgfalt anwenden (Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., 14. Kap., Rn. 147).

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.12.2012 - 9 U 38/12

OLG Hamm
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