Eine Kundin erwarb in einem Handy-Shop ein neues Mobiltelefon mit Mobilfunkvertrag. Kurz nach dem Kauf wurde alles gestohlen und binnen weniger Stunden eine Rechnung von über 7.000 Euro verursacht. Mit Urteil entschied das Landgericht Berlin, dass die Rechnung nicht bezahlt werden muss.

Der Sachverhalt

Die Kanzlei Hollweck aus Berlin berichtet über einen Fall, bei der eine Kundin in einem Shop in Berlin ein neues Mobiltelefon im Zusammenhang mit dem Abschluss eines neuen Mobilfunkvertrages erwarb. Leider wurde der Kundin die gesamte Tüte mit dem Handy und den gesamten Vertragsunterlagen gleich nach dem Kauf gestohlen.

Das bemerkte die Kundin aber erst, als sie am Abend zuhause ankam. Die Kundin wollte sofort, nachdem sie den Diebstahl bemerkt hatte, eine Sperrung der SIM-Karte veranlassen. Das war ihr leider nicht möglich, da sie ohne die Vertragsunterlagen weder ihre neue Kundennummer noch die neu vergebene Telefonnummer kannte. Sie konnte im Handy-Shop selbst nicht nachfragen, da dieser am Abend bereits geschlossen hatte. So musste die Kundin bis zum nächsten Tag warten, um dann eine Sperrung der SIM-Karte veranlassen zu können. Letztendlich geschah die Sperrung der SIM-Karte ohne schuldhaftes Zögern der Kundin, sie hatte eine Sperrung der gestohlenen Karte unverzüglich veranlasst.

Dieb nutzt teure Service-Nummern im Ausland

Inzwischen hatte der Dieb die Zeit bis zur Sperrung genutzt, um sehr teure Service-Rufnummern im tschechischen Telefonnetz anzurufen. Er verursachte damit innerhalb weniger Stunden eine Mobilfunkrechnung über 7.598 Euro.

Diesen Betrag forderte der Mobilfunkanbieter von ihrer Kundin zur Zahlung ein. Dies, obwohl der Mobilfunkanbieter selbst schriftlich bestätigte, dass es sich in diesem Fall um einen Betrug handelte. Leider war der Mobilfunkanbieter nicht dazu bereit, außergerichtlich eine Lösung bzw. eine gütliche Einigung zu finden. Schließlich verklagte der Mobilfunkanbieter ihre eigene Kundin vor dem Landgericht Berlin auf Zahlung der sehr hohen Mobilfunkrechnung.

Das Urteil des Landgerichts Berlin

Das Gericht konnte von dem Vortrag des Mobilfunkanbieters nicht überzeugt werden. Dieser konnte weder einen ordnungsgemäßen Vertragsschluss nachweisen, noch die Aktivierung der SIM-Karte, noch das Einbeziehen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag. Außerdem fand der Mobilfunkanbieter keine überzeugenden Argumente dafür, wie die Einzelverbindungen auf der Handyrechnung entstanden sein konnten.

So wies der Einzelverbindungsnachweis beispielsweise eine Gesprächsdauer von 59 Stunden auf, obwohl die Gespräche nur innerhalb weniger Stunden geführt wurden. Diese und weitere Merkwürdigkeiten konnten von dem Mobilfunkanbieter nicht zur Überzeugung des Landgerichts Berlin vorgetragen und bewiesen werden. Letztendlich wies das Landgericht Berlin die Klage ab. Die Kundin muss die sehr hohe Mobilfunkrechnung damit nicht bezahlen.

Gericht:
Landgericht Berlin, Urteil vom 20.11.2012 - 9 O 177/12

Hintergrund

Die Kanzlei Hollweck aus Berlin vermutet, dass der Dieb das Mobiltelefon bewusst gestohlen hat, um diese hohe Rechnung zu generieren. Rechtsanwalt Thomas Hollweck hat in der letzten Zeit vermehrt derartige Fälle in seiner Kanzlei registriert. Handys werden deren Besitzern entwendet, nur, um unmittelbar nach dem Diebstahl sehr teure Servicerufnummern im Ausland anzurufen. Dabei entstehen Handyrechnungen über viele tausend Euro. Es besteht der Verdacht, dass die Diebe diese Servicerufnummern zuvor geschaltet haben, um über die dann stattfindenden Anrufe ein sehr hohes Gebührenaufkommen zu generieren. Diese Verbindungsgebühren erhalten die Diebe am Ende anteilig ausbezahlt.

In solchen Fällen ist es unbedingt erforderlich, dass der Bestohlene unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, die gestohlene SIM-Karte bei seinem Mobilfunkanbieter sperren lässt, als auch eine Strafanzeige erstattet. Wird trotzdem eine hohe Gebührenrechnung durch den Dieb generiert, so sollte gegen diese Rechnung schnellstmöglich schriftlich Widerspruch eingelegt werden.

Das Urteil kann bei der Kanzlei Hollweck im Volltext heruntergelden werden:
http://www.kanzlei-hollweck.de/2012/11/28/telekom-verliert-rechtsstreit-am-landgericht-berlin-urteil-vom-20-11-2012-az-9-o-177-12/

Kontaktinformationen:
Rechtsanwalt Thomas Hollweck
Kanzlei für Verbraucherrecht & Verbraucherschutz
Karl-Liebknecht-Straße 34
10178 Berlin - Mitte
info(at)kanzlei-hollweck(dot)de
www.kanzlei-hollweck.de

Kanzleiprofil:

Die Rechtsanwaltskanzlei Thomas Hollweck in Berlin hat ihren Schwerpunkt auf die zivilrechtliche Rechtsberatung gelegt. Schwerpunkte der Berliner Kanzlei sind das Vertragsrecht, im speziellen das Verbraucherrecht und die Verbraucherberatung. Das Ziel der Kanzlei liegt darin, betroffenen Verbrauchern und Kunden in allen Problemen mit Unternehmen hilfreich zur Seite zu stehen, Tipps, Hilfe und rechtlichen Rat zu erteilen.
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