Kündigt ein Mobilfunk-Anbieter seinen Kunden wegen dessen Vertragsverletzung, darf der Anbieter nicht den bis zum ursprünglichen Vertragsende fällig gewesenen Pauschaltarif für die Flatrate als Schadensersatz in voller Höhe weiter kassieren.

Der Sachverhalt

Nach einer Mitteilung der Deutschen Anwaltshotline (www.anwaltshotline.de), hatte ein Mobilfunk-Nutzer mehrere Monate lang seine Rechnungen nicht bezahlt. Als sich daran trotz Mahnung nichts änderte, kündigte ihm die Telekommunikationsfirma den Vertrag. Sie schaltete den Netzzugang ab, verlangte aber die Begleichung der Grundgebühr für die Flatrate in Höhe von monatlich 67,18 Euro bis zum Auslaufen der 2-Jahres-Vereinbarung. Schließlich müsse sie auf dieses mit der Schaltung des Anschlusses fest eingeplante Geld nur wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Kunden verzichten, der damit schadensersatzpflichtig sei.

Die Entscheidung

Amtl. Leitzsatz: Wird ein Mobilfunkvertrag mit einem Pauschaltarif (einer sog "Flatrate) wegen einer Vertragsverletzung des Kunden gekündigt und verlangt der Anbieter die Grundgebühr bis zum Ende der ursprünglichen Vertragslaufzeit als Schadensersatz, so ist diese um ersparte Aufwendungen von mindestens 50 % zu kürzen.

Nach dem Urteil berücksichtigt der geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht die von dem Unternehmen durch die Vertragsbeendigung ersparten Aufwendungen. Und diese Einsparungen müssen erheblich sein, wie sich schon an der hohen Grundgebühr von 67,18 € des Providers zeigt. Kann der Kunde aufgrund der Sperrung die Leistung nicht mehr in Anspruch nehmen, so ist die Schlussfolgerung, dass der Mobilfunkanbieter nicht unerhebliche Aufwendungen erspart hätte, geradezu zwingend. Aus dem Vergleich der verschiedenen Tarife des Mobilfunkanbieters ergibt sich auch die Möglichkeit, nur eine geringe Grundgebühr von 8,95 € monatlich zu vereinbaren und dann für jedes einzelne abgehende Gespräch Verbindungsentgelte zu entrichten.

Aus dem Urteil:

[...] Diese Tarifgestaltung zeigt, dass die tatsächliche Inanspruchnahme der Leistung einen vergütungspflichtigen Wert darstellt, so dass sich der Umkehrschluss, wonach die Nicht-Zurverfügungstellung und Inanspruchnahme der Telekommunikationsdienste einen wirtschaftlichen Vorteil des Anbieters der Leistung bedeutet, aufdrängt.

Dieser ist nach den allgemeinen Regeln der Schadensberechnung, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 649 Satz 2 BGB, bei der Berechnung des Schadensersatzanspruchs in Abzug zu bringen. Das Gericht schätzt die ersparten Aufwendungen gemäß § 287 ZPO mit mindestens 50 % der Grundgebühr ein. [...]

Themenindex:
Mobilfunkvertrag, Flatrate, Vertragskündigung, Schadensersatz

Rechtsgrundlagen:
§ 280 BGB, § 286 BGB, § 288 BGB, § 628 Abs 2 BGB, § 649 S 2 BGB

Gericht:
Amtsgericht Berlin-Tempelhof, Urteil vom 05.09.2012 - 24 C 107/12

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