Das AG München hat entschieden, dass einer Familie mit zwei kleinen Kindern keine Räumungsfrist gewährt werden muss, wenn diese ohne einen Mietvertrag zu haben und ohne Wissen der Vermieterin, das Türschloss ausgewechselt und die Wohnung unrechtmäßig besetzt hat.

Der Sachverhalt

Ursprünglich hatte die Vermieterin die rund 26 qm große 1-Zimmer-Wohnung an eine dritte Person vermietet. Diesem Mieter wurde nach Angaben der Klägerin wegen Ruhestörungen gekündigt und es erfolgte die Rückgabe der Wohnung.

Die Beklagten, eine vierköpfigen Familie, gelangten an einen Schlüssel und verschafften sich zu einem späteren Zeitpunkt ohne Wissen und ohne Kenntnis der Vermieterin Zutritt zur Wohnung und wechselten das Türschloss aus. Die Vermieterin wurde ein paar Wochen später durch den Hausmeister des Anwesens informiert. Ein Mietvertrag wurde zwischen den Parteien nie geschlossen.

Das Ehemann versicherte gegenüber der Vermieterin zunächst, dass er die Wohnung bis zum 13.12.2017 (4 Wochen später) zurückgebe, was jedoch nicht erfolgte. Daraufhin forderte die Vermieterin das beklagte Ehepaar und ihre beiden Kinder mit  zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auf.

Familie will nicht ausziehen

Am 22.12.2017 erklärten die Beklagten gegenüber dem Anwalt der Vermieterin, dass sie die Verpflichtung zum Auszug anerkennen und baten um Räumungsfrist bis zum 31.03.2018, da ihnen wegen ihrer zwei kleinen Kinder ein kurzfristiger Auszug nicht möglich sei.

Die Vermieterin erhob Anfang Januar 2018 Klage und begründete ihr Räumungsverlangen auch damit, dass die Beklagten wie der Vormieter durch nächtliche Ruhestörung aufgefallen seien und im Bad der darunterliegenden Wohnung einen Wasserschaden verursacht hätten.

Nach Klagezustellung wiederholten die Beklagten ihre Anerkenntniserklärung vom 22.12.2017 gegenüber dem Gericht, beantragten wiederum die besagte Räumungsfrist und gaben an, im Oktober 2017 vom damaligen Mieter einen Mietvertrag erhalten zu haben und vorübergehend in eine andere von ihm angebotene Wohnung gezogen zu sein, wo allerdings kein Mietvertrag zustande gekommen sei.

Sie seien in die streitgegenständliche Wohnung zurückgekehrt, wo sie auch noch Teile ihrer Möbel vorgefunden hätten. Das Türschloss hätten sie ausgewechselt, weil sie für das alte nur einen einzigen Schlüssel erhalten haben. Eine Notunterkunft sei bislang nicht zu finden gewesen. Für Dezember und Januar sei die Miete bezahlt worden. Ihnen sei im Übrigen nicht bekannt gewesen, dass es sich um einen bloßen Untermietvertrag gehandelt hat.

Die Entscheidung

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München verurteilte die Beklagten gemäß ihrem Anerkenntnis und versagte die Gewährung einer Räumungsfrist. Der von den Beklagten zwischenzeitlich erklärte Widerruf ihres Anerkenntnisses lasse keinen der für einen solchen Widerruf gesetzlich eng gefassten Gründe erkennen, so dass sich die Beklagten an ihrem Anerkenntnis festhalten lassen müssten.

Eine Räumungsfrist gem. § 721 ZPO war den Beklagten nicht zu gewähren. Die von den Beklagten beantragte Frist bis zum 31.03.2018 ist aufgrund Zeitablaufs sowieso hinfällig.

Keine Räumungsfrist

Unabhängig davon scheitert jedoch die Gewährung einer Räumungsfrist per se, denn das Interesse der Klägerin am Erlangen ihrer Wohnung überwiegt das Interesse der Beklagten am Erhalt der Räumlichkeiten aus Sicht des Gerichts ganz erheblich.

Das Erlangungsinteresse der Vermieterin an ihrer 26,33 qm großen 1-Zimmer Wohnung ist außerordentlich hoch: Die Vermieterin hat keinen Mietvertrag mit den Beklagten geschlossen und hat ein erhebliches Interesse daran, die mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern wohl als überbelegt oder jedenfalls stärker belegt als für eine Wohnung solcher Größe üblich zu bezeichnende Wohnung zurückzuerhalten.

Weiterhin verursachen die Beklagten nächtlichen Lärm und haben einen Wasserschaden verursacht, was ebenfalls gegen die Gewährung einer Räumungsfrist spricht.

Gericht:
Amtsgericht München, Urteil vom 25.04.2018 - 433 C 777/18

AG München, PM
Rechtsindex - Recht & Urteile