Wer seinen minderjährigen Kindern Unterhalt schuldet und über eine Berufserfahrung als Berufskraftfahrer verfügt, muss sich bei der Berechnung seiner Unterhaltsschuld das fiktive Einkommen eines Berufskraftfahrers zurechnen lassen, auch wenn er diese Tätigkeit nicht ausgeübt hat.

Das hat das OLG Hamm durch Beschluss entschieden und insoweit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Bottrop bestätigt.

Der Sachverhalt

Die geschiedenen Eltern streiten über die Unterhaltspflicht des Vaters für ihren 14 Jahre alten Sohn und ihre 13 Jahre alte Tochter. Beide Kinder leben bei der Mutter in Bottrop. Der Vater arbeitete zeitweise als Lkw-Fahrer, bis zur Trennung der Eltern im Oktober 2010 selbständig, danach als Angestellter in der Firma seines Bruders in Münster, bevor er Ende des Jahres 2011 nach Südamerika auswanderte. Er hat auch die Zahlung von Mindestunterhalt für seine beiden Kinder unter Hinweis auf ein geringes tatsächlich erzieltes Einkommen verweigert.

Die Entscheidung

Der 2. Familiensenat hat den Kindesvater verpflichtet, beiden Kindern ab März 2011 anteiligen Mindestunterhalt von jeweils über 100 € monatlich zu zahlen. Nach der Trennung habe der Vater die Obliegenheit gehabt, eine den Mindestunterhalt seiner Kinder sichernde Erwerbstätigkeit auszuüben. Nach der Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit im November 2010 sei ihm die Zeit bis einschließlich Februar 2011 für eine berufliche Neuorientierung zuzubilligen. Insoweit komme es auf seinen tatsächlichen Verdienst an. Für den Zeitraum ab März 2011 müsse er sich das fiktive Einkommen eines Berufskraftfahrers zurechnen lassen.

Den Nachweis, dass er diese Tätigkeit aufgrund einer Erkrankung nicht habe ausführen können, habe der Vater nicht geführt. Ebenso habe er nicht dargetan, dass er sich hinreichend um eine besser dotierte Arbeitsstelle bemüht habe. Er habe zwar keine abgeschlossene Berufsausbildung, verfüge aber über eine Berufserfahrung als Berufskraftfahrer und müsse sich deswegen das durchschnittliche Einkommen dieser Berufsgruppe zurechnen lassen. Das gelte auch für die Zeit seines Auslandsaufenthaltes, dessen Notwendigkeit der Vater nicht dargetan habe, so dass es ihm unterhaltsrechtlich nicht gestattet sei, sich dort mit einem deutlich niedrigeren Gehalt abzufinden.

Gericht:
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 17.01.2013 - II-2 UF 53/12

OLG Hamm, PM vom 04.03.2013
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