Die Beratung über das wirtschaftliche Risiko darf sich nicht nur auf die kurzfristige Berechnung der Rentabilität in der ersten Zeit nach dem Wohnungserwerb beschränken, sondern muss auch das Lebensalter des Käufers oder die bis zum Ende der Darlehenslaufzeit konkret in Betracht kommenden Risiken einbeziehen.

Wie das Landgericht Berlin in ihrer Pressemitteilung meldet, wurde die GRÜEZI Real Estate GmbH am 23. März 2012 wegen Beratungs- und Informationsfehler im Vorfeld eines Wohnungsverkaufs zu Schadensersatz durch Rückabwicklung des Vertrages verurteilt. Die Kammer folgte nach Beweisaufnahme der Auffassung des klagenden Käufers, die Mitarbeiter einer von GRÜEZI auf Provisionsbasis beauftragten Vermittlungsfirma hätten in mehrfacher Hinsicht schuldhaft Pflichten aus einem selbständigen Beratungsvertrag verletzt.

Konkret in Betracht kommende Risiken müssen mit einbezogen werden


Eine Beratung über das wirtschaftliche Risiko eines voll finanzierten Erwerbs einer vermieteten Wohnung zu Kapitalanlagezwecken durch einen bereits 50-jährigen Käufer mit allenfalls mittlerem Einkommen dürfe sich nicht auf die kurzfristige Berechnung der Rentabilität in der ersten Zeit nach dem Wohnungserwerb beschränken. Vielmehr müsse sie das Lebensalter des Käufers, die Laufzeit des Darlehens, die Befristung eines Mietzuschusses und die bis zum Ende der Darlehenslaufzeit konkret in Betracht kommenden Risiken einbeziehen. Das hätten die Mitarbeiter der Vermittlungsfirma in vorwerfbarer Weise unterlassen. Der Käufer sei noch am selben Tag, an dem er erstmalig auf den Ankauf der Wohnung angesprochen worden sei, zum Notar gefahren worden. Die Erklärung der Vermittlungsfirma gegenüber dem Käufer, die Wohnung trage sich aufgrund von Mieteinnahmen und Steuerersparnissen selbst, sei falsch gewesen.

Das Landgericht hat zudem einen "bewusst wahrheitswidrigen" Vortrag der Beklagten zu einzelnen Punkten im Zivilprozess beanstandet und eine "nähere Aufklärung außerhalb des Zivilprozesses durch die hierzu berufenen Strafverfolgungsbehörden" angekündigt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Gericht:
Landgericht Berlin, Urteil vom 23.03.2012 - 1 O 10/11

LG Berlin PM Nr. 19/2012
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