Der Sachverhalt
Die Beklagte, ein Versicherungsunternehmen, bot den Abschluss einer als „Rechtsschutzversicherung“ bezeichneten Versicherung an, bei der nach den im Tenor wiedergegebenen Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Übernahme anwaltlicher Beratungskosten von der vorherigen Durchführung eines Mediationsversuchs abhängig war.
Die Beklagte bot hierfür dem Versicherungsnehmer günstigere Konditionen als beim Abschluss eines Vertrages ohne diese Beschränkung.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (Az. 6 U 110/14)
Die von der Rechtsschutzversicherung verwendete Klausel, wonach die Übernahme der Kosten für eine anwaltliche Beratung von der vorherigen Durchführung eines Mediationsversuchs abhängig ist, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar, so das OLG Frankfurt in seinem Urteil (Az. 6 U 110/14).
Entscheidend für den Senat war, ob die mit dem "Zwangsmediationsversuch" verbundene Einschränkung dem Versicherungsnehmer - von ihm nicht ohne weiteres zu durchschauende - Nachteile bringt, die durch günstigere Beiträge tatsächlich nicht aufgewogen werden. Dies wurde nach Auffassung des erkennenden Senats bejaht.
Ein Mediationsversuch stellt keine "Wahrnehmung der rechtlichen Interessen" im Sinne von § 125 VVG dar und kann insbesondere die Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt in keinem Fall ersetzen. Daraus folgt zwar noch nicht unbedingt, dass ein "Zwangsmediationsversuch" den Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt; denn es steht ihm grundsätzlich frei, den Versuch zunächst durchzuführen und im Fall des Scheiterns immer noch die erforderliche Rechtsberatung bei einem Rechtsanwalt einzuholen.
Die für die Beurteilung nach § 307 I BGB entscheidende Besonderheit besteht aber darin, dass ein Mediationsversuch ohne vorherige oder begleitende rechtliche Beratung für den Versicherungsnehmer mit erheblichen Risiken und Gefahren verbunden ist, die für den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher nicht ohne weiteres erkennbar sind.
Gericht:
Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 09.04.2015 - 6 U 110/14
Rechtsindex - Recht & Urteile
Ähnliche Urteile:
Rechtsschutz - Muss eine Rechtsschutzversicherung bereits dann für die Inanspruchnahme anwaltlicher Tätigkeit aufkommen, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses lediglich angekündigt, aber noch nicht ausgesprochen ist? Ja - sagt der BGH. Urteil lesen
Frankfurt a. M./Berlin (DAV). Bei der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung sind nur Geldleistungen zu berücksichtigen. Reine "geldwerte Vorteile", wie etwa ein Dienstwagen, zählen nicht dazu. Urteil lesen
Nürnberg (D-AH) - Wird in der Begründung eines gerichtlichen Fahrverbots nicht ausdrücklich die Persönlichkeit des Betroffenen bewertet, ist die Entscheidung hinfällig und muss neu verhandelt werden. Urteil lesen
Fahrtenbuchauflage - Vor der Verhängung einer Fahrtenbuchauflage darf sich die Bußgeldbehörde nicht immer darauf beschränken, den Halter des Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden ist, als Betroffenen anzuhören. Sie kann auch verpflichtet sein, den Halter als Zeugen zu vernehmen. Urteil lesen