Diskriminierung an der Türe einer Stuttgarter Diskothek? Das OLG Stuttgart hat einem Kläger eine Entschädigung von 900 EUR für eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung zugesprochen, da ihm wegen seiner Hautfarbe der Einlass in eine Diskothek verwehrt wurde.

Der Sachverhalt

Am 05. November 2010 soll dem Kläger der Zutritt zur Diskothek der Beklagten in Reutlingen mit der Bemerkung verweigert worden sein, es seien "schon genug Schwarze drin".

Mit Urteil des Landgerichts Tübingen wurde der Klage insoweit stattgegeben, als die Beklagte dem Kläger künftig den Zutritt zu ihrer Diskothek nicht wegen seiner Hautfarbe verweigern darf. Die Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 5.000,- Euro wurde jedoch wegen der geringen Intensität des Eingriffs in die Rechte des Klägers vom Landgericht abgewiesen.

Gegen dieses Urteil des Landgerichts Tübingen wandten sich beide Parteien mit Berufung und Anschlussberufung. Der Kläger verfolgte seinen geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,- Euro fort. Die Beklagte begehrte Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Klage.

Die Berufung des Klägers hatte zu einem kleineren Teil Erfolg, während die Anschlussberufung der Beklagten vollständig zurückgewiesen wurde.

Die Entscheidung

Nach Anhörung des Klägers und Beweisaufnahme durch Vernehmung von zwei Zeugen konnte der Senat zwar nicht feststellen, dass ein Türsteher die vom Kläger behauptete Äußerung gemacht hätte. Neben uneinheitlicher Angaben des Klägers und des von ihm dazu benannten Zeugen war dafür insbesondere maßgeblich, dass dieser Zeuge große, nicht mehr nachvollziehbare Erinnerungslücken zu diesem Abend offenbarte. Allerdings hat ein zweiter männlicher Zeuge mit dunkler Hautfarbe nach Überzeugung des Senats glaubhaft bestätigt, am gleichen Abend ebenfalls von den Türstehern der Beklagten abgewiesen worden zu sein, während zwei Begleitern mit weißer Hautfarbe der Eintritt gestattet worden sei. Der Senat hat auf dieser Grundlage festgestellt, dass die Türsteher der Beklagten am fraglichen Abend zumindest zeitweise jungen Männern mit dunkler Hautfarbe den Einlass verwehrt haben.

Dies rechtfertigt nicht nur das erstinstanzlich ausgesprochene Verbot, dem Kläger wegen seiner Hautfarbe den Einlass in die Diskothek zu verwehren, sondern auch eine Entschädigung für die damit verbundene, sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung.

Schmerzensgeld von 5000 EUR überhöht


Die vom Kläger verlangte Entschädigung von mindestens 5.000,- € erachtete der Senat jedoch angesichts des Gewichts des Vorfalls auch unter Einbeziehung generalpräventiver Überlegungen als überhöht und auch unter Berücksichtigung des in anderen Fällen zugesprochenen Schmerzensgeldes für die Missachtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Menschen als unverhältnismäßig. Das Gericht hielt unter Würdigung aller Umstände eine Entschädigung nach § 21 Abs. 2 S. 3 AGG in Höhe von 900,- € für angemessen. Damit ist auch ein Abschreckungseffekt verbunden, weil dies dem Eintritt von 150 zahlenden Gästen an dem besagten Abend entspricht. Bei den generalpräventiven Überlegungen war einzubeziehen, dass an anderen Abenden männliche Personen mit dunkler Hautfarbe Zutritt zur Diskothek der Beklagten gehabt haben und sie daher nicht generell vom Zugang zu dieser Diskothek ausgeschlossen waren, was eine höhere Entschädigung hätte rechtfertigen können.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Rechtsgrundlagen:
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Vorinstanz:
Landgericht Tübingen, Urteil vom 29. Juli 2011 - 7 O 111/11

Gericht:
Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 12.12.2011 - 10 U 106/11

PM des OLG Stuttgart vom 12.12.2011
Rechtsindex


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