Eine Mieterin beleidigt ihre Nachbarn, wirft Gegenstände wie Knochen, Tonscherben, Erde, Salatblätter, Federn und Grünabfälle auf die Terrasse des unter ihr wohnenden Mieters und verursacht nachts Lärm, indem sie ihren Rollkoffer durch das Treppenaus in den Keller rollen lässt. Muss man sich das bieten lassen?

Der Sachverhalt

Die Mieterin eines Mehrfamilienhauses lässt es innerhalb von 3 Tagen zu folgenden Vorfällen kommen: Sie beleidigt ihre Nachbarn, wirft Salatblätter auf deren Terrasse und verursacht nachts Lärm mit ihrem Rollkoffer. Der um seinen Hausfrieden besorgte Vermieter kündigt ihr daraufhin fristlos.

Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist gerade bei Wohnraummietverhältnissen nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Eine dieser Voraussetzungen ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Nach dem Wortlaut des Gesetzes liegt ein solcher insbesondere dann vor, wenn ein Mieter den Hausfrieden "nachhaltig" stört.

Was versteht man unter "Hausfrieden"

Dabei ist unter Hausfrieden das Erfordernis gegenseitiger Rücksichtnahme durch die Nutzer von Wohnräumen und sonstigen Räumen in einem Gebäude zu verstehen (Palandt, BGB, 75. Auflage, 2016, § 569 Rz. 11 mwN); jede Partei muss bei der Ausübung ihrer sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte dafür Sorge tragen, dass die (anderen) Mieter nicht mehr als unvermeidlich beeinträchtigt werden (LG München, NJW-RR 2013, 14; Schmidt-Futterer, Blank, Mietrecht, 12. Auflage, 2015, § 569 BGB, Rz. 19).

Was versteht an unter "Nachhaltigkeit"

Für die von § 569 Abs. 2 BGB vorausgesetzte Nachhaltigkeit der Störung genügen regelmäßig weder einmalige noch vereinzelte Vorfälle, wohl aber wiederholt auftretende Beeinträchtigungen (Schmidt-Futterer, Blank, aaO Rz. 22; LG München, NJW-RR 2013, 14). Diese müssen zudem eine schwerwiegende Verletzung des gegenseitigen Rücksichtnahmegebotes darstellen (BGH, NJW 2015, 1239); hingegen können Störungen, die bloß dem Bagatellbereich zuzuordnen sind und nur zu Lästigkeiten führen, eine auf § 569 Abs. 2 BGB gestützte Kündigung nicht rechtfertigen (OLG Düsseldorf, GuT 2007, 438). Zuletzt muss die nachhaltige Störung des Hausfriedens bewirken, dass eine Vertragsfortsetzung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist, wofür das Empfinden eines verständigen objektiven Dritten maßgeblich ist. In die insoweit erforderliche Abwägung der Umstände des Einzelfalls sind insbesondere Schwere und Auswirkungen der Störung sowie der Grad des Verschuldens einzustellen (Schmitt-Futterer, aaO, Rz. 23; Mössner in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 569 BGB, Rz. 75).

Das Urteil des Landgerichts Köln

Die fristlose Kündigung ist zu Recht ergangen, wie das Landgericht Köln in seinem Urteil (Az. 10 S 139/15) befand. Dass ein solches Verhalten den Hausfrieden stört, weil die Mieterin damit die gebotene Rücksichtnahme vermissen ließ, lag auf der Hand.

Schwieriger zu beantworten war dagegen die Frage, wie nachhaltig diese Störungen waren. Für das Landgericht Köln war in diesem Zusammenhang entscheidend, dass es bereits in der Vergangenheit zu ähnlichen Vorfällen kam: So stellte die Kammer nach der Beweisaufnahme fest, dass die Mieterin im Verlauf des vergangenen Jahres bereits diverse Gegenstände wie Knochen, Tonscherben, Erde, Salat, Federn und Grünabfälle auf die Terrasse des unter ihr wohnenden Mieters geworfen hatte.

Zwar waren diese Fälle jeder für sich genommen als Kündigungsgrund schon wegen des Zeitablaufes verbraucht. Aber sie sprechen in ihrer Gesamtheit gerade für die Nachhaltigkeit der aktuellen Hausfriedensstörung, weil die vergangenen Fälle als "unbeirrte Fortsetzung des rücksichtlosen Verhaltens der Beklagten gegenüber ihren Mitmietern" erscheinen oder in aller Kürze: Das Maß war voll.

Gericht:
Landgericht Köln, Urteil vom 15.04.2016 - 10 S 139/15

LG Köln
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